junge
Weit vom 24.05.2003
Interview
DDR-Nachrichtendienste in Ausstellung: Wird
Beitrittsunrecht aufgehoben? jW fragte Dieter Popp, Sprecher der Initiativgruppe
»Kundschafter des Friedens« e. V. in Bonn
Interview: Amold Schölzei
F: Im Bonner Haus der
Geschichte, dort, wo Helmut Kohls Strickjacke stellvertretend für die deutsche
»Einheit« hängt, wurde am Donnerstag die Ausstellung »Duell im Dunkel. Spionage
im geteilten Deutschland« eröffnet. Sie waren zur Eröffnung eingeladen. Ist das
tatsächlich eine Ausstellung über beide Seiten der Spionage?
Ich ging mit sehr
großen Erwartungen zur Eröffnung, zumal diese Ausstellung schon in Leipzig
gezeigt wurde und ich von dort nichts Negatives gehört hatte. Ich war dann doch
etwas überrascht und auch enttäuscht, daß von deutsch-deutscher Spionage
fast nur die DDR-Nachrichtendienste übrig blieben. Vom Westgeheimdienst
BND wird sehr, sehr wenig gezeigt.
F: Aus dem
Begleittext zur Ausstellung geht hervor, daß die DDR-Nachrichtendienste
immer noch mit Kalte-Kriegs-Vokabeln bedacht werden: Hinrichtungen,
Entführungen, »Romeos«, also Spionage und Liebesbeziehungen, etc. Ist die
Ausstellung ein Gruselkabinett?
Der Kalte Krieg und
das Berliner Frontstadtdenken kommen immer wieder durch. Man hat zwar auch
Exponate von Mitgliedern unserer Initiativgruppe ausgestellt, um die Sache
etwas ausgeglichen darzustellen, aber das ist meiner Ansicht nach total
mißlungen.
So ist auf einem
Exponat nur von Entführungen von West nach Ost die Rede - kein Wort
davon, daß es auch Entführungen in umgekehrter Richtung gab.
F: Welche Rolle
spielen die »Romeos«?
Wenn man flüchtig die
Ausstellung durchstreift, dann nimmt man den Eindruck mit, daß sie eine reine
»Romeo«-Darstellung ist. Dieses Thema wird sehr stark in den Vordergrund
gerückt.
F: Ihre Initiative,
ein Opferverband, hat gemeinnützigen Status erhalten. Wie steht es mit Ihren
Forderungen nach Aufhebung der Strafurteile wegen Spionage und der juristischen
Konsequenzen daraus?
Wir haben juristisch
und politisch gegen das Beitrittsunrecht gekämpft. Der juristische Kampf ist
mit dem Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes schon 2001 beendet
worden. Dort wurde festgestellt, daß die deutsch-deutsche Spionage nur im
nationalen Rahmen juristisch beurteilt werden kann und Deutschland dabei
autonom ist. Das muß man sich natürlich auf der Zunge zergehen lassen, das
hatten wir im Faschismus schon mal.
F: Wie steht es um
die soziale Situation der Mitglieder der Initiativgruppe?
Wir können nur noch
politisch agieren. Als die PDS noch im Bundestag war, hat sie mehrere Anträge
eingebracht, in denen es um die sozialen Probleme der verurteilten Kundschafter
ging. Damals ist ein Beschluß gefaßt worden, daß in sozialen Härtefällen Gnade
erwiesen werden soll. Allerdings ist das nur sehr selten umgesetzt worden.
* Die Initiativgruppe
»Kundschafter des Friedens« e. V. bittet um Spenden auf das Konto Nr. 68965,
Sparkasse Bonn Bankleitzahl 380 50000. Spendenquittung auf Wunsch.
Internet:
www.kundschafter-frieden.de